Bücher über die Heilwirkung von Bäumen sprießen genauso aus den Verlagen wie Schwammerl im Herbst aus dem Boden, ebenso steigt das Angebot an Kräuterwanderungen, an Erlebniswegen mit Sinneserfahrungen oder Fitnessparcours im Freien. Meditation und Achtsamkeit wurden „salonfähig“ gemacht und in die Natur verfrachtet. Kaum ein Anbieter ökologischer Produkte, der nicht mit Freiheit, Abenteuer oder Entschleunigung in der Natur wirbt. Auch der Tourismus hat die Natur für sich entdeckt. Ein Run ins Grüne hat eingesetzt – die Natur wird ein weiteres Mal zum Produkt, zum Konsumgut. Der Aufenthalt im Freien soll schnelle Entspannung, Freude, Action oder Instant-Bewusstheit bringen – schnell an einem Nachmittag, denn mehr Zeit ist nicht. Dabei wird vergessen, das sowohl Achtsamkeit und Naturerleben Zeit und Regelmäßigkeit brauchen. Zeit, um sich auf den Rhythmus der Natur einzulassen, um anzukommen.
Biophilie bedeutet in seiner wörtlichen Übersetzung die Liebe zum Leben oder die Liebe zum Lebendigen, zur Natur. Biophilie bedeutet, das Leben zu achten und damit, sich achtungsvoll in der Natur zu bewegen, dem Lebendigen sein Leben zu lassen – dem Tier, der Blume, dem Moos, dem Gras, dem Baum. Biophilie ist unabhängig von Witterung, von Jahreszeit oder Umgebungsbedingungen.
Biophilie bedeutet aber auch, nach einem heißen, trockenen Sommer, wie es der heurige war, wahrzunehmen, das Bäche wenig Wasser führen oder gar ausgetrocknet sind. Biophilie bedeutet zu erkennen, dass die Natur die Ressourcen unterschiedlich verteilt und sich diesem Umstand anzupassen. Also nach einer trockenen Periode noch sparsamer mit Wasser umzugehen.
Biophilie ist Verbindung, ist Verbundenheit. Verbundenheit mit dem Außen, der freien Natur und auch Verbundenheit mit sich selbst. Denn die Liebe zum Lebendigen schließt auch die Liebe zu sich selbst mit ein. Wenn man verbunden mit sich selbst in die Natur geht, wird naturemania zur Biophilie, wird der eigene Anteil, der in Verbindung mit der Natur steht, spürbar und wirksam. Dann ist Achtsamkeit, Freude, Entspannung, Kraft tanken und zur Ruhe kommen „naturgegeben“.
Biophilie bedeutet, sich als Teil der Natur, als Teil des Lebendigen zu erkennen – und das geht mit Sicherheit nicht schnell an einem Nachmittag.